Sonntag, 19. September 2010

Der Friedhof "De Belenes" in Guadalajara





Wenn man in Guadalajara mal einen Rundgang startet gibt es natuerlich soviel zu entdecken, dass selbst eine Woche nicht reichen wuerde. Normal sieht man sich ja die Dinge an, auf welche ausdruecklich in Informationen fuer Touristen hingewiesen werden. Und Friedhoefe gehoeren normal nicht dazu, es sei denn es sind Friedhoefe die eigens einen Graeber-Tourismus entwickelt haben wie der Cimetière du Père Lachaise in Paris, wo man Graeber besichtigen kann von Leuten wie Oscar Wilde, Proust, Chopin, Edith Piaf bis zu Jim Morrison.

Solche Leute lebten natuerlich in Guadalajara nie, dafuer andere Leute, welche fuer die Gesellschaft hier genauso wichtig waren, war es jetzt ein grosser Architekt, ein Arzt, ein Priester der sich viel fuer die Armen einsetzte oder ein Buergermeister der in dieser Zeit von Porfirio Díaz einiges auf die Beine stellte.

Der Friedhof Panteon de Belén in Guadalajara hat eine lange und interessante Geschichte. Das alte Hospital Civil nützte erst mal ein grosses Grundstück neben dem jetzigen Friedhof als Massengrab. 1785 und 1786 herrschten in Guadalajara gerade Dürreperioden, Arbeitslosigkeit, Hunger und Krankheiten, die Sterblichkeitsrate der Leute war sehr hoch, die beiden Krankenhäuser der Stadt hatten viele Tote die beerdigt werden mussten, das einfachste waren Massengräber wo die Leute anonym begraben wurden.

Dann im Jahr 1844 schuf der lokale Architekt Manuel Gómez Ibarra den Friedhof so, wie man ihn auch heute noch betrachten kann. Dieser sehr talentierte Architekt, der auch die Türme der Kathedrale von Guadalajara entwarf hatte damals keine Ahnung wie “berühmt” dieser Friedhof eines Tages mal sein wird.

Der Friedhof wurde in zwei Klassen aufgeteilt. Erst mal in den Teil wo die sozial hoch gestellten und reichen Bürger ihre Gräber bekamen, es heisst, dort fand ein wahrer Krieg zwischen den damaligen Architekten von Guadalajara statt, wer baute das schönste Denkmal oder Mausoleum, die gerade aktuellsten Kunstrichtungen ausnützend welche gerade von Europa reinkamen. Und dann der Teil der Armen, wie schon seit langer Zeit verwendete man einfache Massengräber.

Diese arme Sektion wurde dann vergessen und das heutige Hospital Civil de Especialidades de la Universidad de Guadalajara darüber gebaut. Der wirklich schöne Teil des Friedhofs wurde auch nur 50 Jahre lang benützt, 1896 dann entgültig geschlossen auf Wunsch der damaligen Gesundheitsbehörden der Stadt.

Heute ist dieser Friedhof ein Museum der Stadt Guadalajara, bestens gepflegt und verwaltet. In der letzten Zeit auch Mode für Brautpaare geworden welche im Friedhof ihre Hochzeitsfotos machen lassen. Und wie jeder gute Friedhof hat er auch seine zahllosen Legenden, das geht vom “Vampir-Baum” über ein Kind das schon zu Lebszeiten Angst vor der Dunkelkeit hatte und selbst das Grab noch jede Nacht mit Fackeln beleuchtet werden musste bis zahllose Geister welche heute noch von dem Nachtwächter gesehen werden.

Speziell in diesem Friedhof kuemmert sich die Stadtregierung von GDL besonders den Besuchern so viele Infos wie moeglich zu geben. Individuell kann man uebrigens gar nicht rein, das sind taegliche Fuehrungen entweder um 10:00 morgens oder um 13:00 mittags. Jede Fuehrung dauert etwa 90 Minuten. Besucher sind hauptsaechlich Schulklassen oder ein paar wenige Touristen aus Mexico. Ich hatte mit dem Fuehrer grosses Glueck. Er war ein Student der anthropologischen Fakultaet der UDG, welche den Panteon De Belén zu ihrem ganz persoenlichen Projekt machte. Der Eintritt mit der 90 Minuten langen Fuehrung ist uebrigens kostenlos, nur wenn man Fotos machen will kostet das 28.00 Pesos. Die Fuehrung spielt sich nur auf gekenntzeichneten Wegen ab, auch gut so, Besucher werden ausdruecklich darauf hingewiesen, wenn man von diesen Wegen abweicht um zwischen den Graebern rumzulaufen das Risiko besteht, dass man dann eventuell irgendwo, irgendwie zwischen Graebern einbrechen kann u. ploetzlich 2 Meter weiter unten steht …

Ueber die Graeber u. deren Bewohnern wird viel erklaert. GDL ist praktisch noch ein Dorf, die Leute die hier geboren sind kennen sich eigentlich noch alle, wenn nicht, kennen sie wen, der diese Leute wiederum gekannt hat. Trotzdem sieht man ehemalige Prachtgraeber von Leuten dessen Namen selbst den Anthropologen ein Fremdwort sind. Da gibt es z.B. eine franzoesische Familie, nach den Daten auf einem sehr satten Grabstein in GDL um 1870 verstorben, den Namen gibt es heute in GDL nicht mehr. Aber den Namen soll es in Leon geben …. Dann sieht man natuerlich auch Mausoleums mit den Familiennamen Orendain oder Sauza, zwei grosse Tequila Dynastien, damit kann man schon wieder etwas anfangen.

In den 50 Jahren wo in diesem Friedhof die ganzen Mausoleums u. Grabsteine gebaut wurden, wurde natuerlich mit der Architektur nicht gespart. Neo-Klassizismus kann man an jeder Ecke finden aber diesen wiederum mit ganz mex. Akzenten gesetzt.
Herrliche Sachen …

Den Friedhof kann man um 10 a.m und um 1:00 p.m. besuchen, an einigen Tagen auch Führungen nachts, von 10.30 p.m. bis Mitternacht . Gespenstergeschichten mit inbegriffen.

Friedhof "De Belenes" II



Der Grossteil der Buerger wurden jedoch in Wandgraeber eingebettet. Und da findet man auch sehr schoene Sachen. So wie dieses Wandgrab. Dort wurde ein José Castro bestattet, der bereits frueh in dem Alter von 29 Jahren verschied. Die kuenstlerische Arbeit des Steins verriet, dass seine Familie eine gute akademische Erziehung genossen hat. Die griechische Saeule, bereits sehr unten gebrochen – bedeutete kurzes Leben. Und man sieht ganz deutlich Hippokrates mit seinem Aeskulapstab. Man kann deswegen davon ausgehen dass José Castro in seinem kurzen Leben Arzt war. Und die Frau welche an seinem Grab mit tiefer Trauer sitzt koennte seine Frau oder seine Mutter gewesen sein. Umgeben von Trauerweiden.

Aber dann wurde auf ein ganz besonderes Wandgrab hingewiesen, ganz schlicht, die Wandplatte aus Cantera, nur mit dem Namen Beatriz. Kein Familienname, kein Geburts- oder Sterbedatum. Solche Frauen waren Produkte ausserehelichen Beziehungen, z.B. des Patrón mit einer Haushaelterin. War das Kind ein Junge, konnte er noch Glueck haben, er konnte wenn der Patrón wollte seinen Familiennamen tragen. Wenn auch dieser Junge dann von seinen Halbbruedern aus der Ehe seines Vaters als "Bastard" angesehen wurde. War das Kind weiblich war sie fuer ein miserables Leben verurteilt. Die „Suende“ war naemlich nicht der Erzeuger sondern das Produkt. Solche Maedchen hatten in der Regel als Lebensweg die Prostitution oder mit viel Glueck ein Kloster. In diesem Falle hatte der Patrón aber doch ein gutes Herz u. bestattete seine "Suende" in das Wandgrab des damals sehr angesehen Friedhofs von Guadalajara. Natuerlich ohne Familiennamen um der damaligen Gesellschaft keinen Grund fuer Gerede zu geben.

Und der Panteon de Belén ist voll mit solch intereressanten Geschichten.

Montag, 1. Februar 2010

der Hutmacher


seit siebzehn Jahren bringt er Naehte mit seiner alten Singer-Naehmaschine an Hutkrempen an. Acht Stunden am Tag, sechs Tage die Woche ..... Dafuer verdient er etwa umgerechnet  40 Dollars die Woche. Zuwenig zum Leben, zuviel zum Sterben. Vielleicht gerade deswegen hat er hinten an der Wand ein Kalenderblatt mit seinem Jesus haengen - wenn schon nicht in diesem Leben, vielleicht dann im naechsten ....

ein Dach fuer Hilfsbeduerftige

Landstrasse Guadalajara – Nogales, km 17.5. Da liegt dieses Dorf La Venta del Astillero, mit ca. 5,000 Einwohnern kein Ort wo Durchreisende gerne stehen bleiben, es sei denn fuer die Reise ein Six-Pack Bier, Coca Cola oder irgendeinen Snack zu kaufen. Immerhin ist es die Hauptverkehrsader in den Norden des Landes, nach Nayarit, Puerto Vallarta, die Pazifik Route nach Mazatlán, Sinaloa, Guaymas u. Hermosillo, Sonora, bis rauf nach Tijuana u. Nogales.




Von Guadalajara bis Tijuana sind es 2,270 km. Fuer die Menschen die aus dem Sueden kommen um das “Paradies” auf der anderen Seite der Nordgrenze zu finden muss man noch 1,725 km bis Tapachula im Sueden die Grenze nach Guatemala dazu zaehlen, plus all die kms, von den Orten aus Zentral-America, woher ebenfalls ein grosser Teil der Immigranten kommen. All dieser Strom bewegt sich gegen Norden nach Tijuana oder Nogales um irgendwie die Grenze nach USA zu ueberwinden, um dort das zu finden was ihnen in ihrer Heimat verwehrt blieb. Und sind viele Menschen auf ihrer Reise in den Norden noch optimistisch, spaeter dann, diejenigen welche beraubt, das Geld von Coyotes (Schleusern) abgeknoepft, von der Immigrationsbehoerde in den USA gefasst u. wieder abgeschoben wurden, bewegen sich dann wieder suedwaerts, pessimistisch, gestrandet …… Und ein Grossteil dieser Leute kommen irgendwann auf ihrem Weg wieder durch La Venta del Astillero.




Vor 23 Jahren entschloss sich Doña Elvira, eine Bewohnerin dieses Dorfs etwas fuer ihre Mitmenschen zu tun. Sie ist Christin, katholisch, Christ sein bedeudete fuer sie mehr als nur jeden Sonntag zur Messe zu gehen u. den Rosenkranz zu beten. Elvira zaehlt nicht zu den Armen des Dorfs, sie hat zwei Restaurants, ein paar Laeden, Haeuser , Grundstuecke. Zusammen mit anderen fuenf Damen des Dorfs u. unter Mithilfe des Pfarrers der Gemeinde, gruendeten sie eine kleine gemeinnuetzige Organisation. Man schloss sich dazu auch einer internationalen Gemeinschaft an, der Mission San Vicente de Paul. Vinzenz von Paul war ein Priester des 17. Jahrhunderts in Frankreich u. gilt als Begruender der neuzeitlichen Caritas. Dabei wurde insbesondere sein Engagement für Kranke, Bettler, Findelkinder, verwahrloste Jugendliche, Geisteskranke, Sträflinge, Flüchtlinge und Vertriebene gewürdigt. Es ist ein Frauen Orden, weltweit etwa 4.500 Vinzentinerinnen im Orden u. noch viel mehr Frauen die als Laien wie Doña Elvira u. ihre Bekannten fuer diese Sache arbeiten. Die Vinzentinerinnen waren auch das Vorbild für die von Mutter Teresa gegründete Ordensgemeinschaft Missionarinnen der Nächstenliebe.





Doña Elvira stellte also ein Grundstueck bereit, kaufte Ziegelsteine, Zement, eben alles was man braucht ein Gebaeude hoch zu ziehen u. baute eine kleine Herberge mit 6 Zimmern fuer 15 Betten. Das meiste aus ihrer eigenen Tasche u. der ihrer fuenf Mitstreiterinnen finanziert. Reisende ohne Geld, welche durch das Dorf kommen u. betteln werden von den Bewohnern auf diese Herberge hingewiesen, sie bekommen Einlass, wenn sie nicht unter Alkohol-oder Drogeneinfluss stehen, bekommen ein warmes Essen, koennen sich waschen u. bekommen ein Bett. Die meisten bleiben nur eine Nacht, andere bis zu einer Woche, man versucht ihnen kurzfristig eine Arbeit zu vermitteln, damit sie mit etwas Geld weiter ziehen koennen. Oder wenn ein Fall besonders tragisch ist, zieht Elvira auch mal ihre Boerse u. kauft dem Gestrandeten ein Bus-Ticket, damit er in sein Heimatdorf kommen kann.

Ich erlaubte mir sie zu fragen wieviel sie ungefaehr mit ihren Bekannten im Monat fuer den Unterhalt dieses Sozial Projekts aus eigener Tasche bezahlt. Sie laechelte nur u. gab mir eine sehr weise Antwort: „mit Jesus Christus zaehlt man kein Geld u. macht auch keine Abrechnungen“


Die beiden Alten

Im Dorf wohnten zwei Alte in einer Bruchbude, Don Andres, 94 Jahre alt u. seine Frau Doña Lupe, 87. Sie zaehlen zu den Aermsten des Dorfs, beide sind krank, kein Asyl in Guadalajara wollte sie aufnehmen. Zwei Kinder die sie hatten, ein Sohn der letztes Jahr auf der Landstrasse ueberfahren wurde u. den man in der Herberge aufbahrte, seine Totenmesse las u. ihn auf Kosten Doña Elvira beerdigte, die Tochter will nichts von ihren Eltern wissen, hat schon seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr mit ihnen. Doña Elvira stellt ihnen seit zwei Jahren ein Zimmer in ihrer Herberge zur Verfuegung, klein, sauber u. gibt ihnen das Essen, sie koennen bis zu ihrem letzten Tag dort wohnen. Sorgt sich auch um die medizinische Versorgung u. den Medikamenten der beiden. Das Schicksal von Don Andres ist besonders schlimm. Ist vor einem Jahr hingefallen u. sich die Huefte gebrochen. Bekam eine Metallplatte, fiel wieder hin, er ist zu alt ..... Der Arzt machte jetzt gar nichts mehr, ein Bein haengt jetzt lose in der Huefte, er kann nicht mehr aufstehen, liegt nur noch im Bett u. ist 100% von anderen Menschen abhaengig. Seine Frau sitzt auch im Rollstuhl, leidet an Schlaflosigkeit, weint den ganzen Tag lang, Elvira erzaehlte mir, dass sie einen Mann als Pfleger hatten, der Mann war vom Dorf, ein Tier wie sie sagte, er fing die beiden Alten zu hassen an u. schlug sie wenn sie ihr Wasser im Bett nicht halten konnten oder sich mit dem Essen beschmutzten.



Das Zimmer das Elvira ihnen gegeben hat um ihre letzten Tage zu verbringen ist klein aber sehr hell, sauber u. immer aufgeraeumt. Die Betten immer frisch gemacht. Auch das Essen ist gut. An der Wand haengt ein Bild der beiden als sie noch jung waren u. bessere Zeiten sehen konnten


Roberto



Fuer Roberto gab es eigentlich nur zwei Moeglichkeiten zur Grenze in den Norden zu kommen. Auf dem Dach eines Gueterzugs oder per Anhalter. Er zog die Landstrasse vor. Auf den Daechern der Zuege ist es gefaehrlich sagte er. Zuviele Leute aus Centro-Amerika, zuviele Mara Salvatrucha (gefaehrliche Jugend-Killerbanden aus El Salvador u. Honduras), welche Mexico durchqueren. Die schliessen sich zusammen u. ueberfallen die Leute die ihnen entgegen kommen auf ihrem Weg in den Norden. Schon viele Tramper auf den Zuegen welche ihre Reise mit dem Leben bezahlten. Mit den Maras ist nicht zu spassen sagte er, die sind auf Geld der Illegalen aus, die rammen Dir ein Messer rein u. werfen Dich anschliessend vom Dach des Zugs.


Roberto kommt urspruenglich aus einem kleinen Dorf in Michoacán. Von Beruf ist er Maler sagte er, genauer gesagt Plakatmaler. In dem Dorf aus dem er kommt gibt es wenig Arbeit. Sein Vater waere schon vor Jahren verstorben, hat noch eine Mutter fuer die er sorgen muss.

2005 versuchte er zum ersten mal ueber die Grenze nach Californien zu gehen, er fuhr per Anhalter mit LKW´s mit, die Reise dauerte 30 Tage. Da er ohne Geld los fuhr, blieb er in groesseren Ortschaften haengen um Geld fuer sein Essen zu verdienen. Meistens als Hilfsarbeiter am Bau, einmal konnte er ein paar Werbetafel in Sonora malen, man bezahlte ihn fuer diesen Job 500 Pesos. In Tijuana angekommen brauchte er eine Woche um sich genau umzusehen wie er es im Alleingang schaffen koennte ueber die Grenze zu kommen. Nicht einfach erzaehlte er mir. Da er keine 1,500 Dollars hatte um sie einem Coyote zu geben war er auf sich alleine angewiesen. Das ist gefaehrlich, das Risiko beginnt bereits im Umland von Tijuana Richtung Grenze, die Schleuser sind Banden die sich als Monopol fuer den illegalen Grenzuebertritt verstehen, Leute die es auf eigene Initiative versuchen werden schnell Opfer von Ueberfaellen. Er schaffte es trotzdem, ging bei Nacht rueber u. kam anschliessend bis Los Angeles. Dort suchte er einen Kontakt, den man ihm in Michoacan gegeben hatte, man half ihm mit einen Job am Bau, spaeter als Erntehelfer. Von seinem Kontakt wurde er auch jeden Samstag bezahlt, mit dem Lohn ging er jede Woche zu Western Union um einen Teil seines Geld heim nach Michoacan zu schicken. Er selbst behielt das noetigste, das er zum Leben brauchte. Nach zwei Jahren wurde er von Beamten der U.S. Migra zusammen mit anderen Illegalen in einer Fabrik entdeckt, nach einer Woche Gefaengnis gings wieder zur Grenze nach San Ysidro, wo er abgeschoben wurde. Man liess ihm aber seine paar Dollars mit denen er sich ein Bus-Ticket bis zu seinem Dorf in Michoacán kaufen konnte. Mitte 2008 versuchte er es dann ein zweites mal. Wieder bis Tijuana getrampt, mit ganz wenigen Pesos in der Tasche, mal hier u. da gejobbt. Diesmal erwischten sie ihn gleich nach dem illegalen Grenzuebertritt. Und diesmal war die U.S. Migra auch nicht mehr so nett. Sie hielten ihm vor, wenn er beim dritten mal erwischt wuerde, koennte er mit Gefaengnis von 2 bis 10 Jahren rechnen. Und fuhren ihn wieder zur Grenze nach Tijuana. Er hatte die Nase von “la United” voll, blieb noch ein paar Wochen in TJ u. machte sich auf den Rueckweg in den Sueden, so gut wie ohne Geld. So kam er irgendwann mal durch das Dorf La Venta del Astillero, einige km vor Guadalajara. Da er abgebrannt u. hungrig war klopfte er im Dorf an einigen Tueren, ob man ihm vielleicht etwas Geld oder Essen geben koennte. Irgendwer sagte ihm dass es in diesem Dorf eine Herberge gaebe, dort sollte er mal hingehen. Und so geschah es, dass er mit Doña Elvira in Kontakt kam, die ihm in diesem Haus erst mal eine anstaendige Portion Pozole gab, ein Bett fuer ihn bereit stellte, ihm zeigte wo er sich duschen kann u. ein Buendel neuer Kleidung gab. Und ihn fragte ob er nicht interresiert sei gutes Geld zu verdienen. Das war er u. Doña Elvira verschaffte ihm durch ihre Vermittlung eine Arbeit bei den Strassenerweiterungen welche gerade in- u. ausserhalb des Dorf statt fanden. Er konnte drei Wochen lang arbeiten, abends schlief u. ass er in der Herberge. Nach drei Wochen sagte ihm Doña Elvira dass sie einen guten Mann suche der immer im Asyl arbeiten wolle, den Ein- u. Ausgang der anderen Gaeste kontrollieren wuerde, damit sie im Asyl keinen Alkohol u. keine Drogen zu sich nehmen wuerden, nichts stehlen, fuer die Sauberkeit zustaendig waere u. vor allem auf die beiden kranken Alten, Don Andrés u. Doña Lupe aufpassen, ihnen das Essen geben , Don Andres die Windeln wechseln wuerde u. die beiden Alten unter keinen Umstaenden schlagen solle, wie frueher bereits vorgekommen, wenn sie sich mal voll kleckerten oder ins Bett machten.


Roberto sagt zu, ist jetzt ueber ein Jahr in dieser kleinen Institution, hat ein Dach ueber dem Kopf u. Essen, verdient ausserdem noch 800 Pesos die Woche, von deren er 100 fuer sich behaelt, die anderen 700 schickt er jede Woche nach Michoacan. Einmal bekam er jedoch Probleme, letztes Jahr im Herbst, erzaehlte er. Zwei Gaeste die an einem Spaetnachmittag kamen, er richtete ihnen ein Bett u. ein Essen her, um Mitternacht als er bereits schlief kamen sie in sein Zimmer, setzten ihm ein Messer an den Hals, raubten ihm seine 50 Pesos, gingen noch ins Zimmer der beiden kranken Alten u. nahmen deren Radio mit. Sperrten ihn in sein Zimmer ein u. flohen. Es waren keine Mexicaner sagte er, es waren Maras, er sah die Tatoos an ihren Armen. Er ist ein guter, anstaendiger Mann, der seit einem Jahr weiss was Naechstenliebe ist und sich in dieser Rolle wohl fuehlt (wie er es sagte) moeglicherweise hat er sogar seine Lebensaufgabe gefunden.......














Dienstag, 19. Januar 2010

ein Sombrero am Tag



man muss sehr geschickt sein um sombreros mit der Hand zu flechten. Diese alte Frau beherrscht es, arbeitete frueher in einer Hutfabrik, das Material wurde nach u. nach Maschinen produziert, Handarbeit wurde selbst in einem Niedrig-Lohnland wie Mexico uninteressant. Diese alte Frau sitzt jetzt bei gutem Wetter auf der Strasse wo sie ihr bescheidenes Haeuschen hat, jeden Tag an der Mauer im Schatten u. flechtet einen Hut, einen am Tag. Eine Tochter geht am Wochenende dann auf den Markt u. verkauft die Huete an Gringos, welche diese Arbeit zu schaetzen wissen.

sechs Monate spaeter hatte ich wieder in dieser Kleinstadt, etwa 300 km von hier zu tun. Ich hatte ein kleines Geschenk dabei, ein Foto auf Papier gedruckt mit einem rustikalen Holzrahmen fuer die alte Frau welche sich vor einiger Zeit ablichten liess, einen sombrero mit der Hand flechtend. Sie war sehr erfreut u. lud mich ein in ihr sehr bescheidenes Haus zu kommen. Ich lernte auch eine ihrer Toechter kennen, eine Frau, ebenfalls schon im reiferen Alter. Ihre Enkelkinder arbeiten im selben Dorf, besuchen sie fast taeglich. Ich fragte die beiden hoeflich ob sie mir erlauben ein paar Fotos in ihrem Haeuschen zu machen. Sie hatten nichts dagegen, ganz im Gegenteil .....

So wie diese Haeuser sind viele in San Pancho, vor allem in dem gemischten Industrie- u. Wohnviertel. Und schon irgenwie wieder kurios, in San Pancho ist es wo Mexicos Ex-Praesident (2000 - 2006) Vicente Fox u. "Martita" seine immer Geld hungrige Gattin ihre Super-Ranch haben. In allem nur vorstellbaren Luxus u. abgeschirmt "vom Volk" wohnen.

Bei der Rueckfahrt nach Guadalajara dachte ich ueber die verschiedensten Dinge nach, unter anderem wer wohl zufriedener lebt, Fox u. Gattin, 24 Std. beschuetzt u. sicherlich immer noch viele Feinde oder diese beiden alten Frauen in ihrem Haeuschen mit den Waenden ohne Putz, alten halb-kaputten Moebel u. mit ihrem einfachen Altar der heiligen Jungfrau von Guadalaupe. Die paar sombreros die sie in der Woche machen reichen zum essen, die Enkel helfen mit dem Rest aus .....

Montag, 18. Januar 2010

Don Mateo, oder warum braucht man ein Auto wenn man zwei Pferde besitzt



Ich war wieder mal in der zona arqueologica von Guachimontones in der Nahe von Teuchitlán, Jal. auf dem Rueckweg zum Dorf Teuchitlán wo man zwangslaeufig durch fahren muss um auf die Hauptstrasse nach Tala / Guadalajara zu kommen hat man auf der Kopfsteinpflaster-Strasse wie jedes mal einen herrlichen Ausblick auf die Agaven-Felder.

Auf der engen Strasse sah ich einen Reiter kommen, der mir entgegen trabte, hinter dem Reitpferd zog er noch ein Packpferd hinter her, neben ihm lief ein mittelgrosser struppiger Hund, wo ich gleich fest stellen konnte, Reiter, Pferd u. Hund waren ein gut eingespieltes Team. Als wir auf gleicher Hoehe waren hielt ich an u. gruesste ihn. Er gruesste freundlich zurueck u. blieb auch stehen als ob er den ganzen Weg, den er zurueck gelegt hatte nur darauf gewartet haette einen Plausch mit diesem Fremden beginnen zu koennen. Ich fragte ihn, ob ich ein Foto von ihm, den Pferden u. dem Hund machen koennte. Er meinte ich koenne soviele Fotos machen wie ich wollte, sollte aber umdrehen, nicht weit von hier waere seine Weide, dort haette er auch seine Kuehe. . Die Weide lag gleich um die Ecke u. es ging erst mal steil hinauf. Dann stieg er ab, gab mir die Hand u. sagte sein Name waere Mateo. Ich stellte mich auch vor, setzte mich erst mal auf einen Stein, holte meine Zigaretten heraus u. bot ihm eine an. Wir begannen ein Gespraech, u. ich beobachtete erst mal das ganze Panorama rund herum, um mir ein Bild zu machen. Mateo war ein echter Ranchero. Ich sah es erst an seinem Sattel, ein Arbeitssattel, mehrfach repariert, der leicht schon seine 20 Jahre am Leder hatte. Sein Lasso war aus Natur-Fasern, kein Kunstoff-Lasso, die heute in den Dorflaeden haengen. Er hatte keine Cowboy Boots an, statt dessen Rancho Arbeits-Boot ohne hohen Absaetzen, an denen die Sporen angebracht waren. Er hatte ein Wrangler Cowboy Hemd mit Druck-Knoepfen u. einen breitkrempigen Vaquero Hut aus Stroh. Was mit besonders auffiel, waren seine Satteltaschen aus Leder, Hand punziert u. leicht schon 20 Jahre alt. Er war sicherlich sehr stolz auf seine alforjas.

Wir gingen den Weg zur Weide zu Fuss rauf, auch er stieg ab, das Gelaende war zu steil u. zu steinig fuer die Pferde. Jetzt verstand ich auch sehr gut, warum er die working boots den Cowboy boots vorzog. Nichts besser als griffige Gummisohlen bei diesem Gelaende. Oben angekommen quatschten wir weiter, ich stellte ihm ein paar Fragen, nichts aufdringliches, halt einfach Neugierde... Er fing von alleine an zu reden. Waere 68 Jahre alt (er sieht aber mindestens 10 Jahre juenger aus, bewegt sich auch wie eine Katze), vor vier Jahren waere seine Frau gestorben, seitdem bewirtschafte er seine Ranchito alleine. Haette 6 Kinder, alle schon erwachsen, die ausschliesslich in Californien leben u. arbeiten wuerden. Auf meine Frage ob sie ihm Geld schicken wuerden meinte er ganz selten, aber er brauche das Geld seiner Kinder nicht, er ist es schon immer gewohnt gewesen, sein Leben alleine zu bestreiten, Gott u. die Jungfrau haetten es auch immer gut mit ihm gemeint. Sein Arbeitstag beginnt taeglich um fuenf Uhr morgens, seine 30 Kuehe melken, die Milch in grosse Kannen zu schuetten, diese auf die Packpferde u. runter damit ins Dorf. Dort wuerde ihm die Milch abgekauft u. im Dorf kauft er dann auch seine Sachen die er so braucht, verlaedt diese auf die Pferde u. dann wieder rauf auf die Weide. Auf meine Frage ob er auch einen Pickup haette um seine Sachen runter u. rauf zu transportieren meinte er nur, er brauche kein Auto, wenn man Pferde hat, braucht man kein Auto, nicht hier bei Teuchitlán. Er kann alles in dreissig, sechzig Minuten mit dem Pferd machen u. wenn er mal in die Stadt muss, dann nimmt er den Bus. Das Weideland ist so karg u. steinig, dass er jeden Tag seine Kuehe auf andere Weiden treiben muss , damit sie sich eher schlecht als recht ernaehren koennen. Das Licht war an diesem Tag nicht das guenstigste, ich musste mich mit wenig Fotos begnuegen, ich verbaschiedetet mich von ihm, er schwang sich auf sein Pferd u. begann die Kuehe los zu treiben, er blieb hinten bei der letzten Kuh, vorne passte sein struppiger Hund auf, damit sie nicht ausbrachen. Sicher werde ich ihn einmal wieder aufsuchen, wenn ich in dieser Gegend bin, vielleicht ein paar neue Arbeits-Boots als kleine Aufmerksamkeit mitbringen u. mehr mit ihm reden. Dieser Mann scheint trotz seines einfachen, harten Lebens ein Buch zu sein - oder gerade deswegen.



eine kleine Geschichte aus Revolutionszeiten





 Der Protagonist von dem ich heute berichten moechte lebt nicht mehr und wenn doch, duerfte er schon ueber 100 Jahre alt sein .....

die Geschichte dreht sich in einem kleinen Dorf in Jalisco mit dem Namen San Sebastián. Meine Freunde dort erzaehlten mir diese Anektode u. da ein wichtiges Requisit die Kirche  war kam ich nicht darum herum sie ins rechte Licht zu ruecken ....

es war Revolution in Mexico, so um 1915, auch Jalisco blieb davon nicht verschont u. eines Tages wurde San Sebastián von zwei Handvoll Revolutionaeren genommen, die aus Tamazula kamen u. sehr leicht mit den paar Regierungs-Soldaten fertig wurden, welche in dem Dorf stationiert waren. Die Revolutionaere blieben, die Dorf-Bevoelkerung hatte auch nichts dagegen, es kam sogar zu Verbruederungen ....

Die eigentliche Geschichte handelt von einem etwa 16 jaehrigen Jungen aus dem Dorf, der, so wird erzaehlt sich sofort den Revolutionaeren anschloss. Der Junge so wurde mir erzaehlt war trotz seines jungen Alters bereits ein sehr guter Gewehr-Schuetze, der selbst zick-zack laufende Hasen auf den Feldern oftmals mit dem ersten Schuss erledigte. So wurde es gesagt ...

Es dauerte auch nicht lange bis wieder eine Kavallerie-Einheit der Regierungs Truppen gegen San Sebastián zogen um das Dorf zurueck zu erobern. Die Revolutionare stiegen auf die Kirchtuerme. Von dort hat man naemlich eine gute Aussicht zur Einfahrts-Strasse des Dorfs, genau gesagt man konnte von dort oben aus bis zur etwa 2 km entfernten Landstrasse schauen, die damals ungefaehr parallel dazu lief was heute die Autopista Guadalajara-Colima ist.

Als die Vorhut der Soldaten einritten, eroeffneten die Revolutionaere das Feuer. Es wird erzaehlt, dass unser 16 jaehriger amigo dabei bestens als Scharfschuetze glaenzte. Er soll bereits vom Vorhut ein halbes Dutzend Soldaten aus ihren Saettel geschossen haben. Es kam aber mehr Kavallerie, es hiess auch den Revolutionaren ging bald die Munition aus, die paar wenigen, welche die Scharmuetzel unversehrt ueberlebten gaben auf u. schwingten ein weisses Hemd vom Kirchturm. Sie wurden alle gefangen genommen, auch unser amigo mit den 16 Jahren. Der Hauptmann der Regierungstruppen fragte wer dieser verdammte Schuetze war, der seine Leute wie Spatzen aus den Saetteln abknallte. Dem Jungen blieb nichts anderes uebrig als Farbe zu bekennen. Der Offizier der Regierungstruppen liess alle ueberlebenden Revolutionaere ihre letzte Faro rauchen bevor sie an eine Wand gestellt u. fusiliert wurden. Der Junge musste nicht an die Wand. Der Hauptmann machte ihm ein Angebot. Er solle mit ihm reiten, er bekaeme eine Uniform eines Rural (Regierungs-Soldat) u. waere als persoenliche Eskorte des Hauptmanns ausersehen. Der Junge konnte sich nur noch schnell von seinen Eltern u. Geschwistern verabschieden u. ritt mit den Soldaten weg ....

Es wird auch erzaehlt dass dieser Junge im Dorf niemals mehr gesehen wurde, er kam nie mehr zurueck. Logisch, in dieser turbolenten Zeit wurde man entweder nicht besonders alt oder man blieb irgendwo haengen wo man glaubte mehr Glueck zu finden. Vielleicht wechselte er auch spaeter wieder mal die Fahne, ritt dann fuer Carranza, fuer Pancho Villa oder fuer Obregon. Oder er fand eine muchacha, heiratete, legte seinen Karabiner zur Seite u. wurde campesino, Besitzer eines Ladens oder arbeitete fuer eine lokale Regierungsstelle. . Aber das waeren jetzt reine Spekulationen .....

Follower