Sonntag, 19. September 2010

Der Friedhof "De Belenes" in Guadalajara





Wenn man in Guadalajara mal einen Rundgang startet gibt es natuerlich soviel zu entdecken, dass selbst eine Woche nicht reichen wuerde. Normal sieht man sich ja die Dinge an, auf welche ausdruecklich in Informationen fuer Touristen hingewiesen werden. Und Friedhoefe gehoeren normal nicht dazu, es sei denn es sind Friedhoefe die eigens einen Graeber-Tourismus entwickelt haben wie der Cimetière du Père Lachaise in Paris, wo man Graeber besichtigen kann von Leuten wie Oscar Wilde, Proust, Chopin, Edith Piaf bis zu Jim Morrison.

Solche Leute lebten natuerlich in Guadalajara nie, dafuer andere Leute, welche fuer die Gesellschaft hier genauso wichtig waren, war es jetzt ein grosser Architekt, ein Arzt, ein Priester der sich viel fuer die Armen einsetzte oder ein Buergermeister der in dieser Zeit von Porfirio Díaz einiges auf die Beine stellte.

Der Friedhof Panteon de Belén in Guadalajara hat eine lange und interessante Geschichte. Das alte Hospital Civil nützte erst mal ein grosses Grundstück neben dem jetzigen Friedhof als Massengrab. 1785 und 1786 herrschten in Guadalajara gerade Dürreperioden, Arbeitslosigkeit, Hunger und Krankheiten, die Sterblichkeitsrate der Leute war sehr hoch, die beiden Krankenhäuser der Stadt hatten viele Tote die beerdigt werden mussten, das einfachste waren Massengräber wo die Leute anonym begraben wurden.

Dann im Jahr 1844 schuf der lokale Architekt Manuel Gómez Ibarra den Friedhof so, wie man ihn auch heute noch betrachten kann. Dieser sehr talentierte Architekt, der auch die Türme der Kathedrale von Guadalajara entwarf hatte damals keine Ahnung wie “berühmt” dieser Friedhof eines Tages mal sein wird.

Der Friedhof wurde in zwei Klassen aufgeteilt. Erst mal in den Teil wo die sozial hoch gestellten und reichen Bürger ihre Gräber bekamen, es heisst, dort fand ein wahrer Krieg zwischen den damaligen Architekten von Guadalajara statt, wer baute das schönste Denkmal oder Mausoleum, die gerade aktuellsten Kunstrichtungen ausnützend welche gerade von Europa reinkamen. Und dann der Teil der Armen, wie schon seit langer Zeit verwendete man einfache Massengräber.

Diese arme Sektion wurde dann vergessen und das heutige Hospital Civil de Especialidades de la Universidad de Guadalajara darüber gebaut. Der wirklich schöne Teil des Friedhofs wurde auch nur 50 Jahre lang benützt, 1896 dann entgültig geschlossen auf Wunsch der damaligen Gesundheitsbehörden der Stadt.

Heute ist dieser Friedhof ein Museum der Stadt Guadalajara, bestens gepflegt und verwaltet. In der letzten Zeit auch Mode für Brautpaare geworden welche im Friedhof ihre Hochzeitsfotos machen lassen. Und wie jeder gute Friedhof hat er auch seine zahllosen Legenden, das geht vom “Vampir-Baum” über ein Kind das schon zu Lebszeiten Angst vor der Dunkelkeit hatte und selbst das Grab noch jede Nacht mit Fackeln beleuchtet werden musste bis zahllose Geister welche heute noch von dem Nachtwächter gesehen werden.

Speziell in diesem Friedhof kuemmert sich die Stadtregierung von GDL besonders den Besuchern so viele Infos wie moeglich zu geben. Individuell kann man uebrigens gar nicht rein, das sind taegliche Fuehrungen entweder um 10:00 morgens oder um 13:00 mittags. Jede Fuehrung dauert etwa 90 Minuten. Besucher sind hauptsaechlich Schulklassen oder ein paar wenige Touristen aus Mexico. Ich hatte mit dem Fuehrer grosses Glueck. Er war ein Student der anthropologischen Fakultaet der UDG, welche den Panteon De Belén zu ihrem ganz persoenlichen Projekt machte. Der Eintritt mit der 90 Minuten langen Fuehrung ist uebrigens kostenlos, nur wenn man Fotos machen will kostet das 28.00 Pesos. Die Fuehrung spielt sich nur auf gekenntzeichneten Wegen ab, auch gut so, Besucher werden ausdruecklich darauf hingewiesen, wenn man von diesen Wegen abweicht um zwischen den Graebern rumzulaufen das Risiko besteht, dass man dann eventuell irgendwo, irgendwie zwischen Graebern einbrechen kann u. ploetzlich 2 Meter weiter unten steht …

Ueber die Graeber u. deren Bewohnern wird viel erklaert. GDL ist praktisch noch ein Dorf, die Leute die hier geboren sind kennen sich eigentlich noch alle, wenn nicht, kennen sie wen, der diese Leute wiederum gekannt hat. Trotzdem sieht man ehemalige Prachtgraeber von Leuten dessen Namen selbst den Anthropologen ein Fremdwort sind. Da gibt es z.B. eine franzoesische Familie, nach den Daten auf einem sehr satten Grabstein in GDL um 1870 verstorben, den Namen gibt es heute in GDL nicht mehr. Aber den Namen soll es in Leon geben …. Dann sieht man natuerlich auch Mausoleums mit den Familiennamen Orendain oder Sauza, zwei grosse Tequila Dynastien, damit kann man schon wieder etwas anfangen.

In den 50 Jahren wo in diesem Friedhof die ganzen Mausoleums u. Grabsteine gebaut wurden, wurde natuerlich mit der Architektur nicht gespart. Neo-Klassizismus kann man an jeder Ecke finden aber diesen wiederum mit ganz mex. Akzenten gesetzt.
Herrliche Sachen …

Den Friedhof kann man um 10 a.m und um 1:00 p.m. besuchen, an einigen Tagen auch Führungen nachts, von 10.30 p.m. bis Mitternacht . Gespenstergeschichten mit inbegriffen.

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